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erschienen in "Der Sonntag" am 27.5.07 in Emmendingen und am 3.6.07 in Freiburg:


Barfuß in Kontakt mit der Erde

Warum der Teninger Manfred Gleditsch jeden Tag ohne Schuhe aus dem Haus geht
 
Von Jutta Jäger-Schenk

Es ist der Tag der heiligen Sophie, der letzte Eisheiligentag, ein kalter Tag, doch Manfred Gleditsch steht barfuß auf dem Marktplatz in Emmendingen. Im Mai mag das zwar auffällig, aber noch vorstellbar sein, doch der Teninger geht bereits seit eineinhalb Jahren jeden Tag ohne Schuhe aus dem Haus. Auch bei Regen und Schnee: „Durch Pulverschnee zu gehen, ist besonders herrlich, danach sind die Füße ganz heiß und kribbeln“, schwärmt er.
Da er einer von bundesweit ganz wenigen Ganzjahres-Barfüßern ist – die genaue Zahl ist unbekannt – sind auch die Medien auf Manfred Gleditsch aufmerksam geworden. Im Dezember 2006 stand er beim ARD-„Morgenmagazin“ im Rampenlicht, und auch ProSieben kam schon auf ihn zu. „Sie wollten, dass ich barfuß und im Anzug ins Konzerthaus gehe, doch da habe ich gestreikt, denn diese Kombination finde ich grotesk“, erzählt er und schmunzelt.
Provozieren und Auffallen wolle er gerade nicht, sondern lediglich seinem inneren Bedürfnis nachgehen und tun, womit er sich wohlfühle. „Es ist halt eine Marotte“, gibt er zu. Ein Eingeständnis, das man auch von anderen Barfüßern hören kann. Schon als Kind und Jugendlicher sei er meist barfuß gelaufen, jedoch nur im Frühjahr und Sommer, berichtet Manfred Gleditsch. In seinem Beruf als Funkmeldetechniker zog er am Schreibtisch auch meist die Schuhe aus. Heute, als Hausmann – seine Frau ist Ärztin und steht, was das Barfußlaufen angeht, voll hinter ihm – kann man ihn in der Stadt und im Supermarkt, fahrrad- und autofahrend barfuß antreffen. Nur zum Motorradfahren zieht er Stiefel an, und auch zu Hochzeiten und in die Oper würde er nicht barfuß gehen, denn sein Outfit muss für ihn stimmig sein.
Oft wird Manfred Gleditsch neugierig angeschaut, und die Fragen, die den Menschen auf der Zunge liegen, kennt er bereits: „Ist Ihnen nicht kalt?“ und „Warum machen Sie das?“ Vielen mag aber auch einfach die Frage durch den Kopf gehen, ob sie nun einen Spinner, einen Verwirrten oder einen Obdachlosen vor sich haben, mutmaßt Gleditsch. Doch sein gepflegtes Äußeres und die ruhige, klare Art zu sprechen vermögen solche Überlegungen gleich zu zerstreuen. Ältere Menschen erinnern sich bei seinem Anblick an die Zeit zurück, als sie selbst zwangsläufig viel barfuß liefen, denn bis in die 50er-Jahre war es in Deutschland aus existenziellen Gründen weit verbreitet, dass Kinder bis in den Herbst hinein ohne Schuhe unterwegs waren. Erst als die Schuhproduktion immer kostengünstiger wurde, änderte sich das. In den 70er- und 80er- Jahren kam es im Zuge der Hippie- und Ökobewegung wieder zu einer Zunahme des Barfußlaufens.
Seit Manfred Gleditsch mit dem konsequenten Barfußlaufen begonnen hat, sind seine Rücken- und Knieprobleme verschwunden und auch Erkältungen hatte er keine mehr. Dennoch seien die gesundheitlichen Vorteile für ihn nur ein Nebeneffekt, denn durch das Barfußlaufen habe er ein zusätzliches Sinnesorgan gewonnen, fühle sich geerdeter, habe einen aufrechteren Gang gewonnen. Scherben oder Schmutz schreckten ihn nicht, denn er trete barfuß bewusster auf, und ihm sei noch nie etwas passiert. „Das Barfußlaufen vermittelt ein freies Gefühl, und das macht was mit einem“, sagt er.
Von dieser Freiheit weiß auch Anna Erlenmaier zu berichten, die die gemeinsam mit Manfred Gleditsch ein regelmäßiges Barfuß-Treffen für alle Interessierten ins Leben rufen möchte. Sie selbst geht nur in der Natur barfuß. Das Barfußlaufen war für sie ein Ausweg aus langer Krankheit, da es ihrem geschädigten Rücken gut tat und sie auf die Idee brachte, eine Tätigkeit daraus zu machen. „Wir schneiden uns heute vom Naturkontakt ab“, sagt sie und bietet deshalb seit drei Jahren Barfußtouren in der Region an.
Sie entspricht damit einem Freizeittrend, der zu einem Tourismuszweig geworden ist und ständig zunimmt. 1992 wurde der erste Barfußpark in Deutschland eingerichtet, 2006 gab es bereits mehr als 40 größere und viele kleinere Barfußparks. Anna Erlenmaiers Angebote beziehen sich jedoch nicht auf festgelegte Erlebnispfade – sie läuft quer durch die Natur. Sie hat einen festen Interessentenkreis und weiß genau wie Manfred Gleditsch, dass es mittlerweile im deutschsprachigen Raum eine Barfußbewegung gibt. Das Internet stellt für die vielen verstreut lebenden Barfüßer das Forum dar, in dem sie sich kennenlernen und austauschen können. Auf diese Weise hat Manfred Gleditsch erfahren, dass er mit seinem Drang, ganzjährig barfuß zu laufen, nicht allein steht. Warum er permanent barfuß läuft, hat seiner eigenen Aussage nach keinen psychologischen oder Lebenssinn stiftenden Grund, sondern einen ganz schlichten: „Mir tut es gut und anderen schadet es nicht.“
 
Barfuß in der Region: Barfußtour am Sonntag, 17. Juni, 15 Uhr, ab Grillplatz Schopbachhütte, Ehrenstetten, Kontakt Anna Erlenmaier, Telefon 07641/9543063, www.mystische-felsen.de. Barfüßer-Treff mit Anna Erlenmaier und Manfred Gleditsch am Donnerstag, 14. Juni, 18 Uhr, Grillplatz Mundingen. Barfußparks gibt es in Gutach im Kinzigtal, Todtnau-Muggenbrunn und Zell-Weierbach. Forum im Internet www.hobby-barfuss.de
 


erschienen in der Badischen Zeitung am 3.9.2005, Freiburg:


Die Kraft von Mutter Erde spüren

Barfuß-Touren im Ehrenstetter Grund schulen das Körpergefühl /
Wissen zum Aufbau der Füße und ihrer Pflege wird vermittelt

Von unserer Mitarbeiterin Heike Schmieder

Ehrenstetten. Barfuß durch den Ehrenstetter Grund - das erleben die Teilnehmer von Anna Erlenmaiers Barfuß-Exkursion. Die 34-Jährige führt auf ihrer Tour "Was Füße spüren können" auf unterschiedliche Bodenarten im Wald und auf freier Flur. Doch nicht nur das Wandern gehört dazu. Auch Information über die Füße und ihre Pflege gibt sie weiter, gesammelt aus Expertengesprächen, Büchern und eigenen Erfahrungen.

"Meine Füße tun weh", ruft der achtjährige Philipp nach vorne. Er ist das letzte Glied in einer Menschenschlange, die barfuß durch ein Waldstück bei der Schopbachhütte läuft. Der Boden ist nach dem Regen der vorangegangenen Tage zwar weich und locker, trotzdem pieksen die Tannennadeln und kleinen Steine. Gerade 50 Meter der Tour hat die Gruppe zurückgelegt. Trotzdem empfinden alle das frische Gras unter den Füßen als Wohltat, als sie auf eine Wiese treten. Für Sonja Jacobi aus Günterstal nicht ganz: Sie stellt sich aus Versehen auf einen Ameisenhaufen, als sich alle zu einem Spiel im Kreis formieren sollen. Sie läuft mit ihrem Sohn Markus mit. "Die Barfuß-Tour hat mich schon immer interessiert", sagt sie.

Die Teilnehmer fassen sich an den Händen und Anna Erlenmaier greift mit ihren Zehen ein Stöckchen, das sie an Frank Maier gegenüber weiterreicht. Er hat kein Problem das Holz zu fassen: Seine Zehen sind so lang und gelenkig, dass er es mit Leichtigkeit aufnimmt. Weil seine Mutter viel barfuß gelaufen ist, interessiert auch er sich fürs Wandern ohne Schuhe. Auf mehreren Barfuß-Pfaden war er schon unterwegs und hat Kontakt zu überzeugten Barfußgängern aufgenommen. Jetzt will er seinem Sohn Philipp die Begeisterung fürs Barfußlaufen weitergeben und hat sich mit ihm für die Tour angemeldet.

"Das ist ja eklig", ruft der zehnjährige Markus, als der Weg durch Pfützen führt. Der Schlamm quillt zwischen den Zehen nach oben und es sieht irgendwie nach Schokofüßen aus, findet Philipp. Während die Anderen im Matsch waten erklärt Anna Erlenmaier die Wirkung von Mädesüß, dem Aspirin aus der Natur. Überhaupt weiß sie viel über die Pflanzen, die am Rand des Bettlerpfades im Ehrenstetter Grund wachsen. Über ihre Heilkräfte und Wirkungen und wie man sie verarbeiten muss. Auch welche Wechselstoffwirkung die Füße leisten, was sie ertasten können und wie Barfußlaufen das Körpergefühl stärkt, erzählt sie. Und gibt zu, dass es dabei im Alltag auch Grenzen gibt: "Wenn ich lange auf Teer laufe tun auch mir die Füße weh."

Schon als 16-jährige hat sie ganze Urlaube ohne Schuhe verbracht und sich seitdem mit Büchern und Gesprächen mit Barfußläufern weitergebildet. "Ich bin kein Hardcore-barfüßer", sagt sie von sich selbst, "aber ich finde es tolll, welche Kraft man durch den Kontakt mit dem Boden über die Füße aufnehmen kann." Um diese Erfahrung zu verstärken, wandert die Gruppe streckenweise auch mit verbundenen Augen. Nach der Hälfte der Strecke, in der Lourdes-Grotte, verteilt Anna Erlenmaier Glitzsteine und Glöckchen, die die Barfußwanderer auf dem Weg verstecken sollen. "Für die Feen und Naturgeister, die hier unterwegs sind", sagt sie und zwinkert den Erwachsenen zu. "Feen gibt es doch gar nicht", ruft Philipp von dem Baum herunter, auf den er geklettert ist. Trotzdem versteckt er später seine Glitzersteine am Waldrand. Sicher ist sicher.

An der Streicherkapelle ist die Barfuß-Tour zu Ende. Während das Lagerfeuer anbrennt baden alle ihre Füße in warmem Wasser und massieren sie sich anschließend gegenseitig mit Öl. "In Zukunft werde ich öfter barfuß laufen", nimmt sich Sonja Jcobi vor. Und zieht sich ihre Schuhe an. Denn ungeübten Füßen tut das Laufen auf steinigen Waldwegen weh.




In der Badischen Zeitung Waldkirch am 14.7.2005:


Die Kräfte der Natur erleben und zur Ruhe kommen

Anna Katharina Erlenmaier führt durch unsere Region / Am Samstag in Yach beim Siebenfelsen

Von unserer Mitarbeiterin Gerda Oswald, Gutach/Elzach.

Wir leben hier im Südwesten in einer wunderschönen Region mit Wiesen, Wäldern, Bergen und einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt. In der Hektik des Alltags vergessen wir das schnell und berauben uns damit einer wertvollen Energiequelle: der Natur. "Ich liebe den Wald", gibt Anna Katharina Erlenmaier (34) gerne zu. Die diplomierte internationale Kulturmanagerin wohnt in Oberspitzenbach und führt Exkursionen im Schwarzwald, dem Breisgau und den Vogesen. Im Elztal entdeckte sie den majestätischen Siebenfelsen über Yach. "Das ist ein mystischer Felsen mit einem großen Kraftfeld", sagt die Expertin. Das Gebiet um den Siebenfelsen heißt Belchwald und war dem keltischen Sonnengott Belenos geweiht. Der rätselhafte Blindestein, ein großer Fels mit einer Schale, könnte in vorchristlicher Zeit als Opfer- oder Kultstätte gedient haben. Anna Katharina Erlenmaier spürt solche Kraftorte auf und ermutigt ihre Gäste, sich von der Natur inspirieren und helfen zu lassen. Ihr enormes Wissen über Kelten, Merowinger, Sagen oder Brauchtum, über Heilkräuter und Fauna fließt während der Wanderung ganz selbstverständlich und leicht ein. "Manchmal gebe ich auch nur einen kleinen Schubs", lächelt sie. Dann, wenn es ihr ganz leise gelungen ist, dass ein Vater mit seinem Sohn Hand in Hand ein Haus für eine Fee baut. Sich viel Zeit für ihn nimmt und das Kind wiederum seinen Vater in einer völlig neuen Rolle erlebt und mit roten Backen und leuchtenden Augen tatkräftig hilft.

"Wenn man auf einen Berg steigt, kommt man zur Ruhe, die Alltagssorgen fallen langsam ab und wir haben wieder ein Auge für die Schönheiten der Natur. Die weite Aussicht, ein auffälliger Baum, Libellen am Bach oder der intensive Duft des Waldbodens nach einem Regen", so Anna Katharina Erlenmaier, "da komme ich an, da komme ich zur Ruhe." Aus dieser Fülle schöpft sie Kraft und steckt mit ihrer Begeisterung an.

Ihre Barfuß-Touren in Ehrenstetten sind ebenfalls heiß begehrt. Diese sinnliche Erfahrung will sie nun auch ins Elztal bringen. Im Kohlenbachtal hat sie bereits ein schönes Fleckchen entdeckt. "Lehmige, weiche Erde und Wasser sind angenehm, das gehört zu einer Exkursion unbedingt dazu", findet sie. Ihre Naturschätze sind: Samtweiche Moose, hartes, altes Heugras, Waldboden mit Tannennadeln, glatte Wackersteine, frisch gemähte Wiesen, knorrige Wurzeln über der Erde, sumpfige Stellen oder ein frisch aufgeworfener Maulwurfhügel. Im Elsass entführt sie gerne in die Geheimnisse des Odilienberges mit seiner Heilquelle und der bis heute rätselhaften 10,5 km langen Heidenmauer. Oder sie begibt sich auf dem Ölberg bei Ehrenstetten auf die Spuren der Steinzeitjäger. "Die Weitsicht war von dort oben ideal für die steinzeitlichen Jäger, die sich schon vor vielen Jahrtausenden im Schutz der Grotten aufhielten. Richtet sie mit Kindern einen Naturgeburtstag aus, dann wird selbstverständlich in die kleinen Höhlen gekrabbelt und eine passende Geschichte dazu erzählt. Zum Abschluss gibt es meist ein Feuer und darauf was Leckeres gebrutzelt. "Im Frühling stellen wir frische Kräuterbutter her", erzählt sie. Jedenfalls kann jeder neue Eindrücke mit nach Hause nehmen, auch dann, wenn er als Einheimischer dachte, er kenne schon alles.




In "WIR Leben im Elztal", April 2005:


Forschen, Spielen, Toben - Ein Naturgeburtstag für Maximilian

(mit Jan Schowalter und Anna K. Erlenmaier, Anm. AE)

Eine Alternative für geburtstagsgestresste Eltern ist ein Naturgeburtstag: ein naturpädagogisch geschultes Team gestaltet zwei- is dreistündige Angebote für Kinder zwischen 4 und 12 Jahren. Kinder werden oft in die Rolle des Konsumierenden gedrängt, obwohl sie von Natur aus über viel Neugierde, Forschersinn und Aktionspotential verfügen. Das naturpädagogische Angebot macht sich diese Bedürfnisse zu eigen, bietet mittels spielerischen Tätigkeiten Spaß am Erleben und Begreifen. So kann der Naturgeburtstag mehr Lust auf Natur für alle Beteiligten bringen.

Und dass so ein Geburtstag Spaß macht, zeigt folgendes Beispiel: zu Maximilians Geburtstagsfest fanden sich 11 Kinder zwischen 6 und 10 Jahren und deren Eltern im Ehrenstetter Grund, umgeben von Wald und Wiesen ein. ZU Beginn gab es ein Namensspiel, danach natürlich eine Geburtstagsaktion: die Kinder durften Maximilian ihre Wünsche mit Erdfarbe auf das Gesicht alen, und weil es allen so viel Spaß machte, malten sich alle gegenseitig an. Das Spinnennetz als Gruppe besiegen, "die diebische Elster" nachspielen, klingende Gegenstände aus der Natur suchen, und damit seinen blinden Partner durch den Wald locken. Diese Spiele fanden bei allen Kindern sprichwörtlich großen Anklang. Barfuss über die Wiese in einer Schlange ging es zum Bach. Mit Käscher und Becherlupe ausgerüstet machten sich die Kinder auf die Suche nach Wasserlebewesen. Erfolgreich fanden die Forscher Frösche und verschiedene Larven, der Bach wurde professionell als gesund zertifiziert. Wie es sich gehört, wurde zum Abschluss für Maximilian noch ein Geburtstagslied gesungen. Mit dem Würstchen in der Hand bekundeten alle ihre Zufriedenheit - auch die Eltern.

Eine Geburtstagsfeier inklusive Material- und Betreuungskosten beläuft sich auf 92 Euro. Gebucht werden kann der Naturgeburtstag bei der Naturschule Freiburg (oder bei mir, Anm. AE) bis ca. vier Wochen vor dem Geburtstag.

Diese Projekt findet in Kooperation mit der Naturschutzjugend (NaJu) Baden-Württemberg e.V. statt.


In "Der Sonntag in Freiburg" am 4. Juli 2004:

Was Füße spüren können

Der Ausflugstipp: Wanderungen zu kultigen Orten in Schwarzwald und Vogesen

Von Hans Christof Wagner

Rosmarie findet ja nicht, dass man an dem Ort viel spürt. Vielleicht liegt es daran, dass sie ihre Wanderschuhe noch an hat Sandra hat sie schon ausgezogen und sitzt barfuß auf dem Siebenfelsen. Sie sagt: Über die Füße spürt man es, viel mehr als über die Hände. Und Anna kann einen kleinen Exkurs beisteuern. Im 19. Jahrhundert (im 20. Jhdt, Anmerkung AE) habe es einen Heiler gegeben, der habe die Leute nur mittels Fuß- und Handbädern kuriert. Und heute? Wir sind sehr von unseren Sinnen abgeschottet, sagt Anna. Die Sinne wieder schärfen für die Schönheiten der Natur, für die kleinen Wunder am Wegesrand, das will Anna Erlenmaier mit ihren Wanderungen durch Schwarzwald und Vogesen. Die Tour Mystische Felsen ist eine in ihrem Repertoire. Los geht es in Yach im Elztal. Kaum dass die fünf Mitwanderer ihr Bündel geschnürt haben, gibt die 33-Jährige Zeichen zum Halt. Am Wegesrand macht sie auf eine Pflanze aufmerksam: Mädesüß, sei besser als jede Aspirin. Acetylsalicylsäure stecke in ihr, wie in dem bekannten Schmerzmittel. Ihre Oma habe es in kleine Säckchen gepackt und die in den Kleiderschrank gelegt. Damit die Motten wegbleiben, weiß die Freiburgerin, die nach einem Bandscheibenvorfall vor zwei Jahren beruflich umsattelte. Weil sie nicht mehr sitzen konnte, kam sie auf die Idee im Wandern ihr Geld zu verdienen. Weiter hinauf geht es an einem Baumstumpf vorbei, und wir hören Anna klagen: Die haben meinen Baum abgesägt. Die einst mächtige Tanne diente ihr bislang als Wegmarkierung. Doch zum Siebenfelsen gelangt die Gruppe auch so. Mächtig ragt der Granitfelsen in die Höhe. Anna zitiert aus dem Buch von Adolphe Landspurg Orte der Kraft. Der hat den Felsen ausgependelt und dabei seine Funktion als keltische Kultstätte herausgefunden. Aber gebe auch Widersprüche, sagt die Erlebnismanagerin, die ihre Führungen durch den Wald nicht als Esoteriktrips wissen will. Ich will niemandem eine fertige Meinung aufdrängen, ich will, dass sich die Leute ihre eigene bilden, sagt sie. Das tun sie, während sie vespern und den Geschichten lauschen. Dass das Wort Yach keltischen Ursprungs sei und auf Wasser hinweise. Dass der Buchstabe Y die zwei Flüsse symbolisiere und dass es in der Sprache der Maya einen ähnlichen Ausdruck gebe. Man will sich gar nicht mehr aufraffen vom sonnigen Felsen. Doch die Tour geht weiter, vorbei an zwei ineinander verschlungenen Bäumen. Knutschbäume hat sie Anna getauft. Hundert Meter weiter lenkt sie die Blicke wieder auf ein Kuriosum, einen Baum, der für seinen Halt Wurzeln ausgebildet hat, die sich wie Halteseile um den Stamm spannen. Oben angekommen macht sie es spannend. Jeder der Teilnehmer soll auf eigene Faust losmarschieren und den sagenhaften Blindestein finden. Während sich die Gruppe im Wald verliert, setzt sich die Führerin auf eine Waldlichtung und genießt den Blick ins Elztal. Immer wenn ich hier oben bin, kann ich mich vom Alltag freimachen und einen Gang runterschalten, schwärmt sie. Das will ich auch meinen Kunden vermitteln. Reaktionen? Viele freuen sich einfach über den schönen Tag im Wald. Andere sind dankbar, dass ich sie auf Dinge hinweise, die sie nicht mehr sehen.



erschienen im "findefuchs", Juni 2004:


Orte der Kraft

Exkursionen und Entdeckungen im Schwarzwald und in den Vogesen

Von Nicole Kemper

Es gibt Plätze, die über eine nahezu magische Anziehungskraft verfügen, an denen wir gerne verweilen und zu denen wir immer wieder zurückkehren. Von einigen dieser Orte ist bekannt, dass sie schon seit Jahrtausenden eine besondere Wirkung auf den Menschen ausstrahlen, dass sich dort einst Kultstätten, Gräber oder menschliche Siedlungen befanden. Die Kultur und Erlebnismanagerin Anna Erlenmaier ist solchen „Orten der Kraft“ auf der Spur und hat sich ihre Entdeckungslust und die Freude an der Natur zum Beruf gemacht: Seit April führt sie Wandergruppen zu Kraftorten im Schwarzwald und in den Vogesen. Eine der Exkursionen aus ihrem Programm führt zum Siebenfelsen im Elztal.

Auf einem kleinen Wanderparkplatz oberhalb von Yach beginnt die knapp sechs Kilometer lange Tour durch den Belchwald. Schon der Name des Ortes Yach weist auf keltische Wurzeln hin, erklärt Anna Erlenmaier beim Loslaufen: Das Wort Ach weist – wie auch Aare, Ache oder Au auf Wasser hin. Der Buchstabe bzw. das Symbol Y steht für den Zusammenlauf zweier Flüsse. Solchen Orten wird oft eine besondere Ausstrahlung nachgesagt – früher wurden viele Klöster an Flussmündungen errichtet. Nach einen kurzen Anstieg ist das erste Etappenziel erreicht: der hoch aufragende Felsen, der aus sieben großen, übereinanderliegenden Granitblöcken besteht. Hier am majestätischen Siebenfelsen wird Rast gemacht, damit wir die Atmosphäre des Ortes wirken lassen und den Elztäler Sagen lauschen können, die die Exkursionsleiterin mitgebracht hat. Dann geht es auf einem schmalen Pfad weiter durch den Belchwald, der wie alle Belchenberge im Schwarzwald und den Vogesen dem keltischen Sonnengott Belenos geweiht ist. An einer Waldkreuzung schickt Anna Erlenmaier die Exkursionsteilnehmer auf eigene Entdeckungsreise: Irgendwo mitten im Wald, so verrät sie uns, befindet sich ein Schalenstein aus vorchristlicher Zeit. Zwar existieren weder Hinweisschilder noch ausgetretene Pfade, die den Weg weisen, aber wir werden dennoch fündig. Der große Felsen, in den vor Jahrtausenden eine schalenförmige Mulde eingehauen wurde, befindet sich exponiert auf der höchsten Stelle des Hügels. Zu welchem Zweck die Schalen eingehauen wurden, ist wissenschaftlich umstritten. Nach Meinung von Archäologen könnten sie Opferzwecken oder aber auch astronomischen Berechnungen gedient haben. Ein „guter“ Platz scheint es allemal zu sein: Der Hund einer Teilnehmerin macht es sich jedenfalls sofort unter einem Felsvorsprung des Schalensteins bequem und zeigt seinen zweibeinigen Begleitern damit, dass man kraftvolle Orte auch ganz einfach erspüren kann.







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